Neulich war ich zu einem Projektmanagement-Stammtisch in die „Innovation Factory“ eines großen Unternehmens eingeladen. Dort gab es, so wurde gesagt, alles, was man heutzutage braucht, um junge, qualifizierte Mitarbeiter anzulocken: Top-Gehälter, Open Space Büros, Ruhe- und Meeting Zonen, Tischkicker und Billardtisch, Küchenzeile mit Szene-Getränken und 10 Sorten Tee, frisches Obst, zweimal in der Woche mobile Massagen am Schreibtisch, Gym im Basement und vieles mehr. Eine richtige Wohlfühl-Oase für kreative Ideen. Und sicher nicht gerade billig. Ist das aber in der Führung auch wirklich effektiv bzw. für die Motivation tatsächlich ausschlaggebend?
Herzbergs Motivationstheorie
In meinen Projekten komme ich mit vielen jungen Leuten zusammen und lerne dabei immer wieder, was diese schätzen und motiviert, zu bleiben und ihr Bestes zu geben. Es ist nicht das überdurchschnittliche Gehalt. Das hat Frederik Herzberg 1959 bereits in seiner Zwei-Faktoren-Theorie zur Motivation neben anderen Arbeitsumfeld-Aspekten als zweitrangiger „Hygienefaktor“ postuliert. Schon damals wurde behauptet, dass vielmehr Leistungserleben, Anerkennung, die Arbeit selbst, Verantwortung und ein Wachstumsgefühl als „Motivatoren“ wirken, wenn die „Hygienefaktoren“ stimmen bzw. als angemessen erlebt werden.
In der noch sehr autoritären und hierarchischen Arbeitswelt von damals wurde das wohl als ziemlich unerhört aufgenommen. Und es trifft sicher auch nicht auf alle Menschen zu, denn sonst wäre das Leben in Verwaltungen und Ämtern ja unerträglich…
In der Praxis
Was damals Theorie war sehe ich heute bei den Millenniums, Generationen X, Y und Z in meinen Projekten bestätigt. Geld bedeutet nur Freiheit und Unabhängigkeit, ist nur notwendig, um den Lebensstil zu finanzieren. Es ist vielmehr der Wunsch, mit wenig Führung oder Vorschriften eigenverantwortlich zu arbeiten, Neues auszuprobieren und zu lernen, Anspruchsvolles statt langweiliger Routinen zu tun, Feedback und Wertschätzung zu erhalten, der sie motiviert und an ein Unternehmen bindet. Das gilt natürlich genau so auch für mein Projektmanagement. Vergesst also all die Gimmicks !?
Glücklicherweise hat die „Innovation Factory“ neben all den teuren Hygienefaktoren auch wirkliche Motivatoren im Repertoire: mehrheitlich agile Projekte, in denen in selbstorganisierten Teams mit modernen Ansätzen wie Scrum, UX, Design Thinking usw. gearbeitet wird.
Dann liegt es also nur noch am Führungsstil der Führungskräfte, damit der Arbeitsplatz als attraktiv empfunden wird und die Projektergebnisse top sind? Ich würde sagen ja und nein, denn auch wenn Führung im Sinne von überkommener Vorschrift, Anweisung und Kontrolle nicht mehr en vogue ist, sehnen sich die meisten Kollegen doch auch noch etwas nach der Sicherheit von Leitlinien, z.B. vom Projektmanagement – sofern sie von als kompetent empfundenen Führungskräften mit Bodenhaftung kommen und authentisch-kollegial vorgelebt werden.
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