Wir leben in schwierigen Zeiten: Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg, Lieferketten-Engpässe, Fachkräftemangel und manch anderes Unvorhergesehenes sind Rahmenbedingungen, die viele Manager umtreiben und nachdenken lassen, ob sie geplante Investitionen und Projekte anfangen, fortführen oder besser auf Halt setzen sollten. Viele Unternehmen stellen daher aktuell Krisenpläne (man könnte auch sagen ein Risikomanagement) für verschiedene Szenarien auf, um auf eventuelle Entwicklungen vorbereitet zu sein.
Ein Fall aus meiner Praxis
Eines meiner neueren Mandate hatte eben dies zur Aufgabe: Ein strategisch wichtiges Programm war im letzten Jahr mit ambitionierten Zielen und zukunftsweisendem Nutzenpotenzial gestartet worden. Das Time-to-Market war kritisch, wenn man die Vorteile der Technologieführerschaft auskosten wollte. Aber die ersten Probleme ergaben sich schon beim Staffing, denn das angestoßene Recruiting hatte bei weitem nicht den erhofften Erfolg, der für die angestrebten, sportlichen Fortschritte notwendig gewesen wäre. Zudem dezimierten aufflackernde Corona-Ausfälle auch die Stammmannschaft zusätzlich. Was also tun, wenn man die geschäftskritischen Ziele nicht aufgeben wollte?!

Meine „Trickkiste“ hatte da ein bewährtes Hilfsmittel zur Stelle: Das gute, alte „Magische Dreieck“, diesmal aus Zeit, Umfang und Ressourcen (statt Kosten) zusammengesetzt. Man kann eine Komponente verändern, was Einfluss auf die beiden anderen hat. In diesem Fall war die Zeit am kritischsten, die Ressourcen die Variablen und der somit erreichbare Umfang das Ergebnis. Das bedeutete, dass wir im Team mit dem Management eine Priorisierung der angestrebten Ergebnisse definieren mussten, ausgerichtet am erwarteten Geschäftsnutzen dieser Komponenten. Dabei orientierten wir uns an einer möglichst einfach gehaltenen Nutzwertanalyse, hätten das aber auch beliebig granular treiben können.

Risikomanagement im Portfolio
Die Ergebnisse unserer Priorisierung haben wir daraufhin mithilfe einer modifizierten Portfolio-Methodik in eine für verschiedene Szenarien flexible Programm- und Ressourcenplanung umgesetzt. In einfacheren Projekten kann dafür auch ein regelmäßig revalidiertes Backlog dienen. Wir haben dann mit den vorhandenen Ressourcen die Realisierung anfangen, vorantreiben und mit jedem neuen oder wieder einsatzfähigen Mitarbeiter skalieren können. Als ich das Programm wieder verlies stand die realistische Umsetzungsplanung bei ca. 80% des ursprünglich angestrebten Umfangs, genug, um damit aussichtsreich an den Markt zu gehen.
Vorausschauendes Risikomanagement für Krisenszenarien
Das Beispiel zeigt, dass man auch in unsicheren Zeiten strukturiert wichtige Initiativen so aufsetzen und planen kann, dass man auf viele Szenarien schnell und passgenau reagieren kann, ohne die Businessziele zu begraben. Andere denkbare Beispiele abzufangender Risiken sind gestörte Lieferketten oder durch Krisen verschärfter Material- und Energiemangel. In diesen Fällen sind die zu betrachtenden Engpassfaktoren vielleicht andere, aber sie können genauso (evtl. multivariat) behandelt und beobachtet werden.
In jedem Fall aber, wenn Budgets auf dem Prüfstand stehen und Kürzungen ein Projekt zum Anhalten zwingen würden, ist es überlegenswert, ob nicht eine Fortführung mit reduziertem Scope oder Tempo einen besseren Spareffekt bringt, anstatt ein gutes, eingespieltes Team aufzulösen. Weitermachen mit Teilzeit-Ressourcen oder in Kurzarbeit ist oft einem kompletten Freeze und späterem Wiederbeginnen mit ganz neu einzuarbeitenden Ressourcen vorzuziehen.


Schwerpunkt der Untersuchungen bzw. Erkenntnisse ist diesmal, dass Unternehmen, die fundamentale Basics des Projektmanagements konsequent leben, deutlich bessere Ergebnisse auch auf Unternehmensebene erzielen. Zu diesen Basics gehören
Nicht von ungefähr hat der Report auch in diesem Jahr wieder den Untertitel „Die hohen Kosten schlechter Performanz„, denn die statistische Häufigkeit von Projekten, die ihre Zeit-, Kosten- und/oder Nutzenziele nicht oder nur zum Teil erreichen, ist leider auf dem hohen Niveau des Vorjahres nahezu stehen geblieben.
Er zeigt auch auf, dass die Erfolgsquote von Projekten sich seit 2008 wieder verschlechtert. Weniger als 2/3 aller Projekte erreichen ihre Ziele und den erhofften Business-Nutzen, 17% scheitern sogar gänzlich. In Zahlen bedeutet das $135 Mio. an verbranntem Geld pro $1 Mrd. Projektvolumen, und dabei sind Kollateralschäden am Business-Nutzen wie verpasste Marktchancen, schlechtere Effizienz, Umsatzausfälle usw. noch nicht eingerechnet. Die Studie zeigt aber auch, dass Unternehmen mit einer „reifen“ Projektorganisation im Durchschnitt zu 90% ihre Projektziele und -Nutzen realisieren, solche die nach der Maxime „tue mehr mit weniger“ verfahren hingegen nur 34% !
In der Ausgabe der Computerwoche vom 12. Juni 2012 schreiben die Autoren Marcus Berger (Director EMM Consulting) und Dr. Thomas Henkelmann (Director Consulting Sevices, TPG The Project Group, München) über Projekt-Portfoliomanagement (PPM) und die Fallen, die sich für Unternehmen ohne ein strukturiertes PPM auftun.