Waren Sie sich schon mal mit einem Ihrer Kunden oder Lieferanten nicht ganz einig über den Status oder Umfang und Fälligkeit der Lieferungen, bzw. darüber, wer für die Abweichungen vom ursprünglich Vorgesehenen die Verantwortung trägt? Ganz ungewöhnlich ist diese Situation sicher nicht, und die möglichen Ursachen dafür sind ebenso vielfältig wie die möglichen Entwicklungen, die sich daraus für das Projekt ergeben können, gewollt oder ungewollt. Eine Projekt-Revision und -Sanierung (wenn nötig) hilft, hier Klarheit zu schaffen.
Ein Fall aus meiner professionellen Praxis:
In dem Fall, den ich Ihnen heute schildern möchte, ging es um eine Portal-Software-Entwicklung, die ein Lieferant als Teilprojekt für einen Generalunternehmer liefern sollte, der das Backend-System für den Kunden einrichtete. Und weil das ein wenig proprietär ist, musste die Portalentwicklung in der Entwicklungsumgebung des GU erfolgen. Diese aber hatte so ihre Macken hinsichtlich Performance und Verfügbarkeit und war auch unvollständig in der Dokumentation. Andererseits hatte der Subunternehmer wohl die Aufgabenbeschreibung durchgelesen, ihr aber nicht entnommen, dass er für die Anforderungserhebung, Spezifikation und Verifikation der Liefergegenstände mit dem Kunden verantwortlich zeichnete, und auch die ihm nicht vertraute Entwicklungsumgebung war ihm bei Abschluss des Festpreisvertrags nicht so bewusst. Ein etwas sorgloses Risikomanagement und mangelnde Kommunikation auf beiden Seiten setzte das Sahnehäubchen oben drauf, so dass ein Meilenstein nahte, der weder eingehalten noch entschärft werden konnte.
In solchen Fällen kann man sich viele Folgeszenarien vorstellen, insbesondere wenn sich die Parteien in gegenseitigen Schuldzuweisungen festbeißen, der Kunde auf Einhaltung der Lieferungen besteht und mit Pönalen droht. Wenn dann erst mal die Anwälte mit am Tisch sitzen, kann so ein Projekt leicht insgesamt kippen, zumindest wird es dann aber hässlich und teuer.
Unparteiisches Gutachten statt juristischer Auseinandersetzung
Bevor man hier aber Systementwicklung juristisch betreiben wollte, hatte man sich besonnen und mir als externem „Unparteiischem“ den Auftrag erteilt, die Situation einer Revision zu unterziehen, um einen gesicherten Status, kritische Aktionsfelder und die Aussichten auf die Chancen für einen erfolgreichen Abschluss zu erhalten, auf dem sich weitere Verhandlungen unter allen Parteien gründen konnten. Wohlgemerkt: Bei einer Revision soll es um Lösungen gehen, nicht um das Finden eines Schuldigen!
Selten geht das Ergebnis eindeutig zulasten eines Beteiligten, so auch in diesem Fall, wobei die Details hier zu weit führen würden. Wichtig ist aber, dass man nach der Versachlichung der Gemengelage und der Identifikation der zu behebenden Probleme zu Lösungen und Vereinbarungen kommen konnte, mit denen der Gesamterfolg des Projekts aus der Gefahrenzone geholt werden konnte und die jeweiligen Business Cases mit ein paar Blessuren davon kamen.
Kein Einzelfall, wie die Erfahrung zeigt
Während in diesem Projekt der gordische Knoten mit einer objektiven Situationsanalyse und einigen, wenn auch schmerzhaften Change Requests durchschlagen werden konnte, sind es in anderen Fällen oft gerade die vielen Änderungsanträge, die zu Mehrkosten und schließlich Streit führen. Besonders beliebt ist diese Variante im Zusammenspiel von im Projektthema (z.B. Einführung eines speziellen IT-Systems) unerfahrenen Unternehmen oder Behörden mit Beratungshäusern anzutreffen. Auch hier habe ich schon einige Male mit einer Revision des Projektes, der vertraglichen Obligationen und der Projektmanagement-Prozesse klärend und vermittelnd helfen können. Dem erfahrenen und unabhängigen Projektmanagement Professional offenbaren sich meist schnell die Knack- und Schwachpunkte, und er kann außer zur Lösung akuter auch zu einer nachhaltigen Prävention weiterer Schieflagen beitragen.
Vorbeugen und kontinuierlich verbessern
Besonders schlau handeln natürlich Unternehmen, die nicht erst im Krisenfall auf externe Hilfe zurückgreifen müssen, sondern pro-aktives Risikomanagement und regelmäßige Projektaudits durchführen. Mit der Messung der Projektperformance bezüglich der gesteckten Ziele und der Überprüfung der Anwendung adäquater PM-Methoden und ‑Werkzeuge und entsprechender Regeln in kontinuierlicher Frequenz lässt sich ganz leicht eine wirkungsvolle Projekt-Qualitätssicherung darstellen, die sich auch sehr schnell in strategischen Vorteilen wie Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit niederschlägt. Und sollten dazu die Ressourcen oder Fachleute fehlen, kann man ja immer noch (zeitweise) auf Externe zurückgreifen…

Unterschiedliche Behandlung von Krisen in Unternehmen vs. Projekten
Bei der Öffentlichen Hand sind die Probleme meist schon „im System“ vorprogrammiert. Die Vorschriften, z.B. VOB und HOAI, regeln Ausschreibung und Vergabe bis ins Kleinste. Danach sollen Projekte nach Vertrag laufen. Projektmanagement existiert häufig gar nicht oder ist auf Koordination ohne Kompetenzen begrenzt. Meist wird es mit an den Auftragnehmer vergeben. Die Vorschrifts-Gläubigkeit wäscht von allen Unzulänglichkeiten außerhalb der Vorschriften rein und verstellt eigenverantwortlichen Verbesserungsinitiativen den Weg. Da muss schon ein ganz prominenter „Sündenfall“, hoch politisch oder „too big to die“, her und mit einem ganz prominenten „Krisenmanager“ aus dem politischen Umfeld verdonnert werden, damit grundlegende Weichenstellungen erfolgen. Dessen eigene Kompetenz als Projektsanierer lasse ich hier einmal offen…






Ein mittelständisches Anlagenbau-Unternehmen sah sich nach Jahrzehnten unangefochtener Marktführerschaft seit ein paar Jahren wachsender Billig-Konkurrenz aus dem Ausland ausgesetzt. Die Auftragsbücher waren zwar immer noch gut gefüllt, Eigenkapital komfortabel vorhanden, aber die Kunden diskutierten zunehmend über den Preis und waren auch nicht mehr bereit, Verzögerungen bei der Auftragsabwicklung hinzunehmen.
die Fertigung in den P&L-verantwortlichen Werken, die Lieferung und die Montage zu koordinieren. Der Umsatzprovisions-getriebene Verkauf kippte oft mangelhaft geklärte Aufträge und unrealistische Lieferzusagen in die Abwicklung ein. Auf der Montageseite, insbesondere bei internationalen Aufträgen, konterkarierten regionale Vertriebsinteressen, Mentalität oder Arbeitsweisen eine plangerechte Auftragserfüllung. Zulieferer und Kunden hatten häufig eine zu schwache Organisationsreife, um plangetreu beizustellen. So waren viele Projekte bereits bei Auftragsannahme „tief rot“, das Eigenleben der ausführenden Einheiten verhinderten ein zielführendes Projektmanagement, und ihr individuelles Profitstreben machten eine Gesamtoptimierung der Projektmargen unmöglich.
Ich gab dem Geschäftsführer zu Bedenken, dass er wohl den PM-Aufwand zu gering kalkuliert habe und bot ihm an, nach einem halben Jahr Projektlaufzeit kostenlos einen Projekt-Gesundheits-Check auf dieses Projekt durchzuführen.
Schaut man auf die Ursachen, so rangieren weniger technische (6%) und Ressourcenprobleme (9%) ganz oben, sondern mangelhaftes Projektmanagement (16%) und fehlende Unterstützung durch das Management und die Organisation (18%). Hinzu kommen in vielen Fällen noch unklare Anforderungen und Ziele (12%) der Auftraggeber sowie schlechte Kommunikation (15%) unter den Beteiligten einschließlich des Managements.

Wissenschaft und Management müssen noch (an)erkennen, dass es neben der Führung des laufenden Geschäfts einen mittlerweile ebenso wichtigen Führungsbereich gibt, der über Investitionen und Initiativen (= Projekte und Programme) das Unternehmen an die Anforderungen des Marktes und der Zukunft anpasst und vorbereitet. Dann besteht die Chance, dass die Wertschöpfung in diesem Bereich so ausreichend wertgeschätzt wird, dass er wie das laufende Geschäft professionell gemanagt werden kann und so endlich bessere Erfolgsquoten und Zielerreichung erwirtschaften kann als bisher.