Warum scheitern Projekte? Diese Frage stelle ich mir häufig, vor allem weil die Gründe und vor allem die Ursachen, die ich in meinen Projektrevisionen und bei der Projektsanierung finde, meist so trivial anmuten, dass man sich fragen muss: Warum überhaupt, und warum immer wieder?!
Sicher ein Grund:
Weil sie nicht genau so professionell gemanagt werden wie das laufende Geschäft. In vielen Unternehmen laufen Projekte nebenher zum Tagesgeschäft, obwohl sie fast überall einen nicht unerheblichen Teil der Betriebstätigkeiten einnehmen. Sie werden „mitgemacht“ von Mitarbeitern, die eigentlich in ihren Abteilungen andere Aufgaben haben. Aufgaben, an denen sie primär gemessen werden. Raten Sie mal, wo deren Prioritäten liegen. Und eine richtige Aus- oder Weiterbildung in Projektmanagement haben sie nie genossen, wissen nicht, worauf sie beim Management von Unsicherheit achten müssen. Raten Sie mal, wie viele (teure) Überraschungen sie erleben werden…
Ein Beispiel (keine Ausnahme!)
Neulich fragte ich einmal mit einem exemplarischen Beispielfall nach. Da hat ein Unternehmen sich einen Entwicklungs- / Implementierungspartner herausgesucht, einen Projektleiter bekommen, der sich in Projektmanagement versucht hat und dank mangelhafter Skills kläglich gescheitert ist. Das kostet jetzt schon eine Menge mehr Geld und wertvolle Zeit.
Immerhin hat man das aber erkannt – sich sogar eingestanden! – und sucht nun nach einem Projektmanager, der den Schlamassel aufräumen und das Projekt stabilisieren kann.
Berater gibt es viele – und dann gerät man an Vermittler, die den Markt zwar nach einem qualifizierten Projektmanager für die Projektsanierung sondieren sollen, die aber nach dem günstigsten Honorarangebot filtern (ist leichter zu verkaufen…), nicht nach der Kompetenz des Sanierers. So etwas geschieht jeden Tag, immer wieder. Wie gestraft kann man denn werden bis hin zur Totalabschreibung?! Nur weil das Geld immer wieder die primär-dominante Rolle spielt und nicht das Ergebnis?!!! Erkennen Sie das Schema? Das ist unprofessionell und wäre bei einem Sanierungsversuch für das Unternehmen nie passiert. Dabei ist das doch so einfach vermeidbar…
Ich leide mit den vielen Hunderten von Unternehmen, denen es auch so geht! Eine professionell durchgeführte Projektsanierung kostet so viel weniger als ein mit unzureichenden Mitteln fortgeführtes notleidendes Projekt, das zusätzlich auch noch gute Fachkräfte demotiviert oder abschreckt. Und gecancelt bringt es noch nicht mal ein Minimum des erhofften Businessnutzens, nur noch eine Abschreibung.
Antworten
Zurück zu meiner Nachfrage. Ich habe viele und auch lange Antworten darauf bekommen, alle von Executives im C-Level, von Großunternehmen wie auch von Mittelständlern. Alle haben mir meine Wahrnehmung bestätigt. Sie haben die Gründe in internen Befindlichkeiten gegen den Einsatz von Externen, langen Recruiting- und Einkaufsprozessen, der deutschen Fehlerkultur des „nicht-zugeben-Dürfens“ oder vertraglichen Bindungen ausgemacht. Halt weil „das System“ eine professionelle Sanierung verhindert. Nur ein CIO (eines problemgeschüttelten, ehemals staatlichen Großkonzerns) antwortete aber, ich solle mal erst den üblichen Präquailfikationsprozess im Einkauf durchlaufen, bevor ich vielleicht auf seinem Radar auftauche. Es wird schwierig werden, mit ihm auf Augenhöhe zu kommunizieren oder gar die Probleme seines Unternehmens zu lösen…
Zur Antwort habe ich da (immer wieder) Grundsätzliches. Das geht in die Richtung „Projekt zuallererst mal richtig aufsetzen und führbar machen“ – mit angemessener Methodik und (Risiko-)Weitsicht. Als Auftraggeber (AG) muss man bei der Auswahl seiner Auftragnehmer (AN) immer sorgfältig sein. Dazu gehört für mich halt auch, gerade die für den Projekterfolg so zentral wichtige Projektmanagement-Kompetenz des AN beim Einkauf als kritisches Kriterium fachgerecht zu berücksichtigen.
Wenn das Projekt gegen alle Voraussicht in Probleme gerät, sollte es jedoch immer im Interesse aller Parteien sein, es nicht gegen die Wand oder in eine gerichtliche Abwicklung laufen zu lassen. Hier noch Rücksicht auf „das System“ zu nehmen, wäre unternehmerisches Versagen. Das würde im Fall einer Unternehmens-Schieflage ja auch niemand tun, schon aufgrund des Drucks der Geldgeber nicht.
Außergewöhnliche Umstände verlangen außergewöhnliche Maßnahmen.
Eine Revision erspart das Scheitern. Den erhofften Business-Nutzen (für alle Seiten) wird das Projekt nur erbringen, wenn wieder oder weiter alle an einem Strang ziehen – in die gleiche Richtung. Und da wäre eine einvernehmliche Einigung auf ein professionelles Audit (siehe auch https://eobz.de/?p=9) die zielführendste Lösung – der Neutralität wegen von einem externen Dritten, der ja auch gern von beiden Seiten bezahlt werden kann. Das wäre für beide Seiten die wohl wirtschaftlichste Vorgehensweise, oder?!
Ob dann die operative Projektsanierung anhand der im Gutachten gefundenen Ursachen und Maßnahmenempfehlungen wieder intern erfolgt oder von mir begleitet werden soll, ist ja nochmal eine andere Entscheidung. Aber eine Stabilisierung wird immer günstiger sein als eine Totalabschreibung, selbst wenn der Einsatz des Gutachters oder Sanierers erstmal zusätzliches Honorar kostet.
Fazit
Für gutes Projektmanagement zu sorgen ist Chefsache! Und einen Experten zu holen, um ein Krisenprojekt zu retten, ist auch und insbesondere Entscheidungssache für den Chef…