Haben Sie sich auch schon mal gefragt, was Ihre „teuren“ Projektmanager (PMs) den ganzen Tag so machen? In einem meiner anderen Artikel können Sie zu diesem Thema einen Survey über den „Missbrauch“ von PMs für „artfremde“ Tätigkeiten lesen. Dazu kommt häufig auch, dass PMs ihren Job nur „nebenbei“ zusätzlich zu hands-on Arbeiten im Projekt machen können.
Heute möchte ich mich mit einer dritten Spielart des Zeitmissbrauchs von PMs beschäftigen, den Jobs, die ihnen andere viel billiger und effizienter abnehmen könnten.
Projektmanager leisten wertvolle Arbeit
Nochmal zurück: Gut ausgebildete PMs werden auch gut bezahlt (bzw. sollten es werden). Dafür schultern sie eine Menge Verantwortung, behalten den Überblick für ihr ganzes Team, und sorgen dafür, dass im Projekt nichts Wichtiges vergessen und es ein Erfolg wird. Das ist schon für sich gesehen ein sehr anspruchsvoller Vollzeit-Job.
In der Firma, von der ich hier erzählen will, gab es mehrere PMs von dieser Sorte, viele Projekte und damit sehr viel Arbeit. Schon in einer früheren Initiative hatten wir erfolgreich gemeinsame Standards für ein strukturiertes Vorgehen in Projekten festgelegt und zugehörige Vorlagen und Tools zusammengestellt. Die Basis für Operational Excellence in der täglichen Projektarbeit war gelegt und zeigte auch die gewünschten Resultate. Allein die Belastung der PMs war nicht gesunken, und während die Projekte spürbar runder durchliefen, hatte der PM-Arbeitstag weiter 10 und mehr Stunden.
Die Analyse ergab wie nicht anders erwartet, dass methodisches Vorgehen eben auch einige Routinen mit sich bringt, die es „ohne“ nicht gäbe. Viele davon waren zyklisch, die meisten waren auch in jedem der Projekte anzuwenden. Zwar gehörten alle zum Projektmanagement dazu, aber eigentlich war die Zeit der PMs dafür viel zu schade bzw. diese wäre an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt gewesen.
Entlastung von Routinen steigert die Effizienz der Projektmanager
Also erhielt ich den Auftrag, für das Unternehmen ein Projektbüro einzurichten, das zentral die allfälligen Routinearbeiten zusammenfassen und zuarbeitend für die PMs erledigen sollte. Hierzu gehörten u.a. die Organisation von Reisen und Unterkünften für Projektmitarbeiter, Buchen von Räumen oder Telefonkonferenzen, das Einsammeln und Aufbereiten der Zeit- und Arbeitsberichte sowie das aktualisierende Fortschreiben der Planungs- und Controlling-Unterlagen.
Hierfür wurden junge Projektmitarbeiter rekrutiert, die hier ihren Karriereweg im PM begannen, von mir Kursen in den Basics des PMs und den im Unternehmen standardmäßig angewendeten Tools unterwiesen wurden, und von denen einige später auch über die CAPM oder IPMA Level D Zertifizierung diesen Weg weiter beschritten haben.
Die PMs wurden dadurch spürbar entlastet, hatten mehr Zeit für planerische und analytische Tätigkeiten, so dass die Projektqualität und -Effizienz durchweg noch einmal einen Schub bekam.
Wohl gemerkt: Um ein funktionierendes Projektbüro oder PMO aufzubauen, braucht man einen sehr erfahrenen Projektmanager, der weiß, worauf es ankommt. Das ist sicher keine Aufgabe für einen jungen PM, um sich seine Sporen zu verdienen !
Das Project Management Office (PMO) übernimmt Management-Aufgaben
Mit der Einführung des neuen Karrierewegs war aber auch eine neue Organisationseinheit entstanden, eine Stabstelle außerhalb der traditionellen, funktionalen Linie, die sich primär mit Projektmanagement beschäftigte. Eine logische Konsequenz wäre die Zuordnung auch der PMs hierher gewesen, um Ausbildung und Förderung in diesem Karrierepfad zusammenzufassen, und der neuen Abteilung auch disziplinarische Kompetenzen zu geben. Soweit wollte man aber bei meinem Kunden (noch) nicht gehen.
Immerhin bekam sie aber im zweiten Schritt meines Auftrags auch noch „höhere“ Aufgaben zugewiesen: Die Pflege und Qualitätssicherung der PM-Standards, Übernahme des Change Control Managements und des Controllings in den Projekten sowie das Verfolgen und Aufbereiten des Risiko und Contingency Managements.
Das Projektbüro mauserte sich schrittweise zum Projekt Management Office (PMO), das das PM-Wissen ausfallsicher auf mehrere Schultern verteilte und dem sich die PMs effizienzsteigernd als Shared Services bedienen konnten. Dies sollte sich als sehr hilfreich herausstellen, als das Unternehmen zwei größere Programme zu stemmen hatte und die dafür notwendige Infrastruktur im PMO bereits verfügbar war.
Projektmanagement im Unternehmen kontinuierlich weiter entwickeln
Wie es hier nun weitergehen wird? Nun, mein Beitrag hat schon so viel Knowhow im Unternehmen und PMO hinterlassen, dass die Organisation mittlerweile notwendige Anpassungen oder Weiterentwicklungen selbst erkennen und initiieren kann. Ich werde nur noch punktuell für Audits oder Schulungen hinzugezogen.
Das ist auch gut so, denn Operational Excellence und interne Projektmanagement-Kompetenz war das Ziel, und das wurde erreicht. Nun können die „teuren“ PM-Ressourcen sehr effizient und effektiv ihren hochwertigen Aufgaben nachgehen, und das Unternehmen profitiert davon am meisten…