Winston Churchill soll einmal gesagt haben: „Viele sagen, Bildung sei teuer. Aber wie teuer kommt uns Ignoranz und Inkompetenz zu stehen?!“ Angesichts Billionen an Projektbudgets jedes Jahr und immer noch knapp 50% an Projekten, die Ihre Ziele nicht oder nur mit deutlichen Abweichungen vom Geplanten erreichen, fühle ich mich immer wieder an diese Worte erinnert.
Fakt ist, dass ganz viele Executives wohl um den Wert guten Projektmanagements wissen, aber viel zu wenig in das Projektmanagement ihrer Unternehmen investieren. Umfragen zeigen, dass PM immer noch häufig als „Nebenjob“ on top gemacht werden muss, dass viele Projektleiter zwar immense Projekterfahrung haben, aber keine PM-Ausbildung, und dass die PMs deshalb Projektmanagement jeweils anders machen, halt wie der eigene Erfahrungshorizont reicht. Dadurch sind auch die Projektergebnisse sehr individuell, und auch unterschiedlich gut kalkulierbar. Wie gesagt: Bei immer noch knapp 50% der Projekte fangen die Abschreibungen schon an, bevor die Rechnung geschrieben ist…
Ein repräsentativer Fall aus meiner professionellen Praxis
Die oben beschriebene Situation war der Ausgangspunkt für eine Initiative, zu der ich vor einiger Zeit gerufen wurde, um sie mit Rat und helfender Supervision zu unterstützen. Das Unternehmen lieferte hervorragende Ergebnisse von der technischen Seite her, aber die Projekte aufzusetzen und zu kontrollieren war immer mühselig, und das Management versank entweder in allen möglichen Berichten und Formaten oder hatte zuwenig sinnvolle Informationen, so dass es immer wieder hässliche Überraschungen gab.
Wir fingen auf Projektebene mit einer Aufnahme der Projektmanagement-Praktiken und typischen Probleme an, in dem wir die Projektmanager und die Teams interviewten und mit den Wahrnehmungen des Managements verglichen. Dabei fanden wir ziemlich schnell heraus, dass die Teams am meisten darunter litten, bei jedem Projekt das Rad des Aufsetzens des Projekts neu erfinden zu müssen, und dass der Druck bereits am Anfang begann, weil nicht genügend Zeit für ein ordentliches Setup und Planen zur Verfügung stand. Viele grundsätzliche Probleme mit Ausstrahlung auf den gesamten Projektverlauf hatten ihre Ursache dort, und die Lösungen waren immer abhängig vom Handwerkszeug des jeweiligen Projektmanagers und seinen Kompetenzen.
Die Lösung war unerwartet schnell und einfach
Es dauerte nicht lange bis wir 9 größere, systemische Fehler in der PM-Organisation des Unternehmens gefunden hatten, und es brauchte auch keine große Mühe, um die Projektmanager und Teams davon zu überzeugen, bei der Behebung mit- und damit ihnen das Leben leichter zu machen. Ohne hier ins Detail zu gehen: Wir sammelten alles vorhandene PM-Knowhow und erfolgreiche PM-Praktiken, was auf diversen Laptops verborgen lag, und stellten daraus ein Standardset an Prozessen, Werkzeugen und Vorlagen zusammen, wie es in allen Projekten benötigt würde. Außerdem setzten wir eine Initiative für Organisations-Änderung auf, um ein Rahmenwerk an Rollen, Verantwortlichkeiten und PM-Infrastruktur auf Organisationsebene zur Unterstützung einzuführen. Dass wir dies in einer gemeinsamen Anstrengung zusammen mit den Leuten auf der Projektebene taten, verhinderte, dass wir unnötigen Overhead erzeugten, und förderte die Identifikation der Teams mit den Ergebnissen.
Diese haben wir inkrementell in einer „agilen“ Vorgehensweise entwickelt, so dass die Teams und Manager mit jeder neuen Lieferung von den Quick Wins in ihren laufenden Projekten profitieren konnten. Die Initiative wiederum zog Nutzen aus den direkten Erfahrungen in der Praxis, so dass es wenig Zeit brauchte, um die Ergebnisse an den Anforderungen der Mitarbeiter und der Organisation zu optimieren. Wir bauten uns unsere eigene, konsistente „Operational Excellence“ für die Projekte des Unternehmens. In dieser Phase beschränkte sich meine Rolle auf Hilfestellung, Beratung und koordinierende Supervision der Initiative, die ihre eigene Dynamik entwickelte. Die Leute, vom Team bis zum Management, genossen die Fortschritte und den Knowhow-Transfer, der auch ihren eigenen Skills und persönlichen Erfolg zugute kam. Und auch die Projekte brachten schließlich zunehmend bessere Ergebnisse mit besserer Plantreue und weniger Abschreibungen, Druck und Überstunden.
Was kommt als nächstes? 
Im kommenden Jahr ist eine weitere, ergänzende Initiative geplant, um das Erreichte in die eigenständige Pflege und einen weiteren Ausbau unter der Regie des QM-Beauftragten des Unternehmens zu überführen, was evtl. auch eine Erweiterung in einen unternehmensweiten Kontext einschließt. Ich werde dies mit Coaching und regelmäßigen Audits begleiten, um die Qualität der Operational Excellence zu sichern. Die Personalabteilung soll einige PM-Seminare für die Mitarbeiter organisieren, und wahrscheinlich wird eine Gruppe von Mitarbeitern ein Projektbüro mit Shared Services zur Unterstützung der laufenden Projekte einrichten.
Um noch einmal auf Winston Churchill zurück zu kommen: Ein Unternehmen kann offensichtlich gar nicht soviel für Operational Excellence in Projekten ausgeben, wie es daraus Nutzen gewinnen kann: aus effizientem und effektivem Ressourceneinsatz, weniger Risiko, Kosten und Konflikten, besserem Erreichen von Zielen und Meilensteinen und konsistent reproduzierbaren Projektergebnissen und -erfolgen. Gar nicht zu sprechen von höherer Kundenzufriedenheit und dem Wettbewerbsvorteil aus dieser neuen Kompetenz und Zuverlässigkeit.