Vor einiger Zeit hatte man mich zu einem großen Elektro-Konzern gerufen, um meine Expertise im Programmmanagement für einen Unternehmensbereich zu erschließen. Ich war zunächst nicht überrascht, denn große Unternehmen machen eben auch große, komplexe Projekte, für die normales Projektmanagement nicht ausreicht. Das hatte ich schon bei anderen Engagements erlebt, meist sogar als Ursache für Projekt-Schieflagen. Der Konzern hatte bereits ein umfangreiches (Multi-) Projektmanagement kultiviert, aber die Methodik für Programmmanagement war noch weitgehend unausgereift.
Von der Theorie zur Praxis
Wir begannen mit einigen Workshops über die Theorie und wie sich Programmmanagement von Projektmanagement unterscheidet. Im Kern ist das ja, neben der schieren Dimension der Initiativen, vor allem die strategische Ausrichtung von Programmen, oft nur basierend auf einer Vision bzw. Mission, in deren Umfeld dann die dafür notwendigen „taktischen“ Projekte sowie auch operative Komponenten entstehen.
Indem wir die Geschäftstätigkeiten des Bereichs dieser Sichtweise zuordneten, wurden die Strukturen als Programme erkennbar. Darauf haben wir sodann geeignete Governance-Strukturen von der Arbeits- bis zur Management-Ebene entwickelt und in der Folge im Bereich implementiert. Weil hier bereits auf der Bereichsebene von der Umsetzung von Strategie in die Operative gesprochen werden kann, möchte ich das in diesem Kontext als „operatives“ Programmmanagement bezeichnen.
Programmmanagement weiter gedacht
Denn in der Weiterentwicklung stießen wir auf eine Aufgabenstellung, die weit darüber hinausgehen sollte. Was, wenn man die interne Zielsetzung der Programme „far beyond the Borders“ auf komplette Geschäftsbeziehungen mit Schlüsselkunden erweitern würde?! Anders ausgedrückt: Wir erweiterten unsere strategische Sicht auf unsere Kunden. Das Wachstum der Geschäftstätigkeiten unserer Kunden wurde zu unserer Mission – und wir würden als Zulieferer wichtiger Komponenten „im Schlepptau“ mitwachsen…
Ein Beispiel zur Illustration: Ein Anlagenbauer arbeitet eng mit einem Kunden aus der Petrochemie zusammen, erschließt mit ihm Öl- und Gasfelder und liefert die für die Öl- und Gasgewinnung notwendigen Anlagen als Ausrüstungspartner, eventuell sogar als Generalunternehmer für mehrere oder gar alle Sites des Kunden.
Komplettes Umdenken. Das bedeutete, das wir uns tief in das Geschäftsmodell unserer Kunden hineindenken, bei deren Aktivitäten auf ihre Ziele hin unterstützend mitwirken und nebenbei ihre Bedarfe an Ausrüstung, Anlagen usw. zur Umsetzung aus unserer Produktion als „Preferred Supplier“ abdecken würden. Gleichzeitig wüchse aus unserer Kompetenz (nicht zuletzt im Programmmanagement !) und eng verflochtenen Unterstützung (und Abhängigkeit der Kunden) auch eine strategische Partnerschaft, die auf lange Dauer ausgelegt wäre.
Strategisches Programmmanagement – das Ergebnis
Ein interessanter Gedanke, nicht wahr? Wir haben es umgesetzt mit zwei unserer „Top Tiers“ und dadurch Umsatz und Gewinn mit ihnen vervielfacht – im Vergleich mit anderen Kunden, bei denen wir „nur“ Ausrüster geblieben sind. Mehr darf ich hier nicht verraten 😉.
Eine solche strategische Partnerschaft bedarf natürlich eines sehr tiefen, gegenseitigen Vertrauens. Der Kunde muss seinen Vorteil, der aus unserer Programmmanagement-Kompetenz für ihn erwächst, verstehen und sich darauf einlassen, dass wir einen Großteil der Governance übernehmen. Nicht alle sind für eine solche unternehmensübergreifende Zusammenarbeit bereit.
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